angefangen mit dem alkohol hat es im alter von 15; mein 1. besäufnis hatte ich während des abschlussballs meines tanzkurses; ich habe dann sehr schnell im gegensatz zu vielen damaligen kollegen angefangen, regelmäßig zu trinken und bemerkte auch relativ rasch, dass mein trinkverhalten anders war als das der anderen, was ich aber verdrängte; ich habe mit 22 hans fallada "der trinker" gelesen und mir wurde angst und bange; zu diesem zeitpunkt musste ich morgens bereits 2/3 leere flaschen bier entsorgen bevor ich aus dem haus ging.
dennoch lief mein leben zu diesem zeitpunkt "rund"; ich ging fleißig an die uni und während den semesterferien zum arbeiten, hielt mich für ein cleveres und smartes bürschchen und trank munter weiter, in kneipen, auf konzerten und vor allem zuhause.
1987 zog ich 25 jährig nach den zwischenprüfungen nach berlin, was mir rückblickend das genick gebrochen hat; ich hatte anfang 1989 dort ein erlebnis was ein psychiater später während meiner 1. entgiftung 1993 als (vermutlich alkoholbedingte) psychotische episode bezeichnete von der ich mich nie wieder richtig erholen konnte; von dem moment an war mein trinkverhalten nicht mehr missbrauch sondern abhängig.
ich konnte zwar noch bis 1992 scheine an der uni machen, aber dann war meine seelische kraft am ende; ich rannte immer öfters schweißgebadet aus den seminaren davon und im laufschritt zu mir nach hause wo ich mich in meinen 4 wänden verschanzte und trank, um die zunehmenden (wiederum wohl alkoholbedingten) angstzustände auszuhalten; ich geriet immer mehr in eine unerträgliche isolation die bis heute anhält; was dann folgte war eine einzige odyssee durch die psychiatrie.
ich habe inzwischen mehrere entgiftungen und 3 langzeittherapien hinter mir und bin aus 2 betreuten wohngemeinschaften rausgeflogen weil ich rückfällig wurde (einmal nach 9 monaten, einmal nach 8 wochen).
im herbst 2000 hatte ich meinen persönlichen tiefpunkt und konnte das erste mal vor dem alkohol kapitulieren; es gelang mir mit hilfe von aa immerhin 2 1/2 jahre trocken zu bleiben, bis ich im mai 2003 wieder mit dem trinken begann.
ich bin jetzt am 20.01.2005 von einer 10 wöchigen therapie entlassen worden, habe aber am entlasstag noch wieder zur flasche gegriffen; ich bin jetzt seit vergangenem mittwoch (gott seis gedankt) wieder 48 stunden ohne stoff; nüchtern zwar, aber noch lange nicht trocken.
schön, daß Du hergefunden hast! Herzlich willkommen!
Beim wiederholten Lesen Deiner Lebensgeschichte überkommt mich eine riesengroße Ratlosigkeit. Du hast mit 22 schon gewußt, daß Du alkoholabhängig bist, auch wenn Du es damals anders genannt hast. Hast einen psychotischen Zusammenbruch erlitten, eine Reihe von Langzeittherapieen hinter Dir - und kübelst Dich am Entlaßtag wieder zu.
Du hast Abitur, ein Studium, wenn auch wie ich vermute ohne Abschluss abgebrochen, bist jetzt knapp 43 Jahre alt - und am Ende.
Da drängen sich mir doch einige Frage auf:
Wieso lebst Du überhaupt? Was hast Du in den ganzen Therapien überhaupt gemacht? Wolltest Du wirklich Hilfe - und warum hast Du dann nicht irgendwann angefangen, Dir selbst zu helfen? Weißt Du eigentlich, daß das Leben ein kostbares Geschenk ist und daß auch Du jemand Besonderes bist, der ein lebenswertes Leben verdient? Hast Du Dich mal gefragt, warum Du immer wieder säufst? Du hast mit Sicherheit einiges geistiges Potential, was natürlich mit jedem Suff weniger wird. Willst Du Dir den Rest auch noch wegsaufen und als lallender Idiot enden? Hast Du für Dich schon jemals ein Ziel oder eine Perspektive entdeckt, das Du mit kleinen Schritten erreichen kannst? Hast Du noch Eltern, eine Freundin, Familie?
Ich bin ein offener und ehrlicher Mensch, der auch sehr unbequem und provokant sein kann. Du hast Dich hier im Forum vorgestellt, also willst Du was. Was willst Du? Was erwartest Du von uns? Auf jeden Fall bin ich gesprächsbereit.
guten morgen bernhard, ...soweit er dir denn möglich ist...
ehrlich gesagt dein endloser lauf schockt mich,(immer noch) obwohl mir so einiges bekannt vor kommt. du hast ja nun schon einiges hinter dir, und ich weiss nicht ob es dir ein trost ist, oder gar eine neue erkenntnis wenn ich dir sage, dein letzter satz war für mich der anfang.
ZitatGepostet von ichotolot ich bin am ende, ich kann nicht mehr.
na das hört sich doch schon mal ganz vernünftig an.
Dieses schöne Gefühl hatte ich auch schon mal. Und dann hab ich mir durch den Kopf gehen lassen:
Wie wäre es, wenn ich jetzt mal ganz mit dem trinken aufhören würde? Wie würde sich das anfühlen?
Innerhalb weniger Minuten war mir klar, daß ein großer Haufen von dem ganzen Geschiss daß ich bis dahin mit mit rumgeschleppt habe, mit einer klaren Entscheidung ein für alle Male erledigt wäre.
Wenn man den ganzen Mist der mit dem Alkohol zusammenhängt, nicht haben will, dann muss man das Trinken bleiben lassen. Das ist gar nicht schwer, denn der Alkohol springt mich nicht an sondern er steht völlig unbeteiligt in der Gegend rum und da bleibt er auch, wenn ich nicht nehme und ihm die Macht über mich gebe indem ich ihn mir reinschütte.
Ich denk seitdem nicht mehr drüber nach unter welchen Umständen ich noch mal trinken könnte. Es ist vorbei und es ist einfach besser so. Würde ich einem Freund das wünschen, wie ich rumgemacht hab? Nein. Also warum sollte ich mit mir selbst schlechter umgehen.
Fang noch mal an und guck nach vorn. Du kannst noch mehr als Dein halbes Leben vor Dir haben, bei der heutigen Lebenserwartung, und wenn Du die Kurve kriegst, muss noch nichts verloren sein.
erst einmal danke für eure anteil- und aufnahme; und den umfangreichen fragenkatalog von laprimera den zu beantworten einige zeit beanspruchen wird v.a. die umstände meines wechsels nach berlin mit dem ich gegen meine ureigensten interessen zuwidergehandelt und der mit einer psychischen oder identitätsverwirrung und allem was danach kam enden musste im nachhinein, vielleicht kurz nur so viel: ich lebe allein und habe mit meiner trinkerei niemandem außer mir direkt geschadet; abgesehen von der gesellschaft und meiner mutter für die es die hölle gewesen sein muss, hilflos zuschauen zu müssen wie sich ihr sohn zugrunde richtet.
@apfelsaft: ab herbst 2000 begann eine art auseinandersetzung mit mir selbst, doch je näher ich mir kam, desto schwerer war es es auszuhalten, desto schwerer fiel es mir, mich auszuhalten; gleichzeitig wuchs meine unzufriedenheit mit der abstinenz (irgendwann spielte es keine rolle mehr, ob trocken oder nicht) während die regelmäßigkeit meiner aa besuche abnahm; eine gefährliche kombination und ich steuerte nicht dagegen.
ansonsten: was will ich? was erwarte ich?; ich will erstmal hier sein und für heute das erste glas stehen lassen; alles andere ergibt sich...
hi ichotolot, dein leidensweg trifft mich sehr.. mich persönlich würde interressieren wie sich das mit deiner psychotischen episode abgespielt hat wie es angefangen hat, einfach wie du das erlebt hast.
es würde mich sehr freuen wenn du antwortest. mfg Stefan
"ich will erstmal hier sein und für heute das erste glas stehen lassen; alles andere ergibt sich"
Wow, stark, da spricht ein (gefestigter) AA
Ich würde mich freuen, wenn du die Ursachen/Auslöser für deine Rückfälle, wenigstens andeutungsweise, mal schildern könntest. Und ob&warum du evtl. meinst, daß du in der ein oder andern Situation heute nicht mehr "reinfallen" würdest. Aber fühl dich nicht bedrängt, ok?!
sagen wir es mal so und arg verkürzt: ich bin immer vor mir selber davongelaufen, wollte meine innere wahrheit nicht wahr haben; immer wenn ich kurz davor war, in meinen ganz privaten abgrund zu blicken und mich zu erkennen, bin ich schleunigst weg und ab zur tanke... im grunde bin ich ein feigling, befürchte ich manchmal... den zweiten teil der frage kann ich noch nicht beantworten...
ich bin dabei, eine art längere innere inventur zu schreiben und werde sie hier ins forum stellen; morgen habe ich einen termin bei meinem hausarzt und hoffe, eine überweisung für eine psychotherapie zu bekommen; ein guter aa freund von mir der trocken ist und dem ich vertraue hat eine solche bei einem bestimmten psychotherapeuten gemacht; vielleicht klappt es ja; leider habe ich den weg zu einem f2f meeting noch nicht gefunden (treibe mich „nur" im online meeting rum), obwohl die freunde auf mich warten, die wollen wissen was los ist, 2 von ihnen haben mich während der entgiftung besucht, was sehr nett war...
ansonsten habe ich bislang das 1. glas stehen lassen und das wird heute auch so bleiben...
g24h bernhard
nachtrag:
bei der von mir angesprochenen so ominösen seelischen erschütterung ist ein uralter kindheitskonflikt aufgebrochen; und der nagt und nagt und nagt und nagt und nagt und nagt; seit 16 jahren jeden tag und jede stunde; ich habe ein psychisches problem und solange ich das nicht geregelt bekomme wird es immer wieder eng werden; das problem ist, ich habe in den letzten jahren an die 6 psychiater, neurologen, psychologen und was weiß ich noch nicht alles verschlissen; zum glück ist freiburg die stadt mit der höchsten psychotherapeutendichte, insofern gebe ich die hoffnung nicht auf; ansonsten hilft nur aushalten ablenken wandern gehen...
Zitatich habe ein psychisches problem und solange ich das nicht geregelt bekomme wird es immer wieder eng werden;
Hallo bernhard,
niemand wird dir dein Problem regeln, du musst es tun. Die Psychiater und therapeuten können dich nur dabei unterstützen. Das heisst aber auch du musst es zulassen. Du musst an die Substanz gehen und nicht immer wenn es anstrengend wird und weh tut den Rückzieher machen.
Zitatdas problem ist, ich habe in den letzten jahren an die 6 psychiater, neurologen, psychologen und was weiß ich noch nicht alles verschlissen;
...du hast niemanden verschlissen, verkehrte Denkweise. denen geht es vermutlich allen noch gut den Psychiatriedoktoren. du hast dich verschlissen weil du es nie zu ende gebracht hast, denk ich mir.
...und Alkohol ist ein hervorragendes Konservierungsmittel für alte Probleme so daß man wunderbar jahrelang laufen kann ohne einen Schritt vorwärtszukommen.
Dagegen ist es oft so wenn man sich die Mühe macht das nüchtern auszuhalten verliert es seine Macht. Je nach dem was er war, vielleicht nicht beim ersten Mal, dann muss man sich erst mal mit kleinen Fortschritten begnügen. Aber mit dem Alkohol zieht man sich ja nur eine weiteres Problem heran, das ist ja das fatale. Nachdem andere vielleicht nicht nett zu mir waren, bin ich nun selbst auch nicht nett zu mir, und dann wundere ich mich daß das nix wird..
Nein ich muss schon anfangen wenigstens selbst das Bestmögliche für mich zu tun, damit ich mir nichts vorzuwerfen habe.
Es könnte ja auch umgekehrt sein. Nein, ich will meine Probleme gar nicht wirklich lösen, denn dann hätte ich ja auch keinen Grund mehr zu trinken. Letzlich hält man an seinen Problemen auch fest, weil man mit der Aussicht ohne Ausrede vor dem eigenen Alkoholkonsum zu stehen, gar nicht so toll dasteht.