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Saufnix  
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Dieses Thema hat 61 Antworten
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 Akute Hilfe
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Waschbaer Offline



Beiträge: 115

27.04.2003 12:10
RE: Süchtig - aber will ich überhaupt aufhören? Zitat · Antworten

Mein Gott, man macht sich vielleicht was mit im Leben!! Jetzt mach ich seit Monaten hier im Forum rum und lese und denke und schreibe - und muß mir jetzt einfach eingestehen, daß ich wahrscheinlich gar nicht aufhören WILL!!

Ein klassischer Sonntag: Tristesse ohne Ende. Was wäre sinnvoll und vernünftig: Mich mit Freunden treffen, meinetwegen ins Kino gehen, in eine Ausstellung. Statt dessen: Überhaupt keine Lust! Mich dürstet nur nach Benebelung: WEG von der Langeweile! WEG von all den Durchschnittsgefühlen! WEG von der Routine! Wie gut ginge es mir nach einer Flasche Wein und ein paar Tabletten! Wie wäre ich weg von mir.....

Was ist so schlimm an meinem Leben? Was an mir selbst? Kritisch hinterfragt GAR NICHTS! Mir gehts eigentlich besser als vielen, vielen anderen Menschen auf dieser Welt....aber leider ist mir dieser Zustand vertraut, ich kann ihn nicht gefühlsmässig, nur intellektuell erfassen......

Wenn ich die posts der vielen Co´s hier lese, bin ich heilfroh, daß ich keinen Partner habe, keine Kinder...ich bin nur mir selbst gegenüber verantwortlich, keiner muß meine Launen ertragen, niemand muß Angst haben, wie ich denn dann heute wieder "draufkomme"......

Ich kann mich frei entscheiden, was ich machen will. Das nötige Wissen über Sucht besitze ich - und werde es wohl trotzdem heute nicht schaffen, ihr zu wiederstehen. Wie oft las ich, daß es keinen Sinn hätte, hier zu posten oder Gruppen zu besuchen, wenn man gar nicht aufhören WILL. Und ich befürchte, daß ich gar nicht WILL, daß ich nur GLAUBE, zu wollen, aber zum Beispiel meine JETZIGE Ambivalenz das beste Gegenbeispiel ist.

Oder hat mich die Sucht so sehr in ihren Klauen, daß ich gar nicht mehr merke, daß SIE es ist, die mich wohl heute wieder trinken lässt, und nicht mein vermutlicher Widerwille zur Abstinenz??? Ist das alles kompliziert.....ich steig nicht mehr durch. Sind jemandem von euch solche Gedanken wie diese bekannt??

Waschbaer


Beachen Offline




Beiträge: 3.654

27.04.2003 13:37
#2 RE: Süchtig - aber will ich überhaupt aufhören? Zitat · Antworten

Hallo Waschbär !

Auf deine Frage, ob einem solche Gedanken bekannt sind, ein ganz klares JA !


Das ist genau mein Denken um die Zeit herum bis ich zum entgültigem Schluß mit Trinken kam.
Genau wie du dachte ich auch hin und her, bin ich überhaupt abhängig, da ich doch nicht am Stück trank sondern immer mit Zwischenräumen. Da ich doch sozial noch so gut gestellt bin, noch Arbeit habe und die auch gut mache, etc.
Heute glaube ich das das alles gar keine Rolle spielt, ich bin ganz klar abhängig, wenn nicht körperlich dann psychisch.

Zitat
Mich dürstet nur nach Benebelung


.... genau. Und warum ?
Also ich saß dann nur noch daheim benebelt rum, keine Ausstellung, nicht mit Freunden treffen, dazu war ich doch gar nicht in der Lage, weil ich keinen Spaß dabei empfand, es zog mich doch eher zur Flasche.
Heute würde ich das umdrehen und sagen, langweilig ist doch eher daheim bedröhnt und depressiv zu sitzen als wegzugehen und "durchschnittliches" zu tun. Und , hoppla !, sogar Freude dabei zu empfinden, und das ist eine so ungemeine Bereicherung für mich, das ich das als ganz und garnicht als "Durchschnittsgefühle" sehen kann, sondern als einen riesengroßen Schritt für mich.
Außerdem machte ich mir doch mit dem Trinken meine Gefühle, und nun habe ich sie auch nüchtern und kann wirkliche Freude emfinden, bin ein lustiger Mensch (gell, tommie )
Und glaub mir, mir ging es da echt wie dir.

Zitat
Wenn ich die posts der vielen Co´s hier lese, bin ich heilfroh, daß ich keinen Partner habe, keine Kinder...ich bin nur mir selbst gegenüber verantwortlich, keiner muß meine Launen ertragen, niemand muß Angst haben, wie ich denn dann heute wieder "draufkomme"......


.... mal ehrlich, diese Situation hat man sich doch bewußt auch so geschaffen (jedenfalls ich ), um in Ruhe trinken gehen zu können und deswegen nicht auch noch Schuldgefühle haben zu müssen. Das war auch ein Grund meiner Bindungsangst - und natürlich davor, Verantwortung übernehmen zu müssen die man dann nicht so leicht wieder los
wird -.
Es war eigendlich nur der Schritt die Nüchternheit zu wagen und auch zuzulassen, und in Ruhe abzuwarten.
Weil, dachte ich mir, in schlimmere Lagen (gefühlsmäßig, gesundheitsmäßig,betrunken Mist bauen und sich wieder so zu schämen etc.) als damals kann ich nicht mehr kommen.

Alles Gute

Bea


Reiner Offline




Beiträge: 1.036

27.04.2003 15:07
#3 RE: Süchtig - aber will ich überhaupt aufhören? Zitat · Antworten

Waschbaer

Weißt du was ich annehme wenn ich Deine Zeilen lese Waschbaer, dass Du nur glaubst das nötige Wissen über Sucht zu haben…!? denn hättest Du es, würdest Du es schaffen Ihr zu widerstehen!!

Denn glaub mir die Sucht hat viele Facetten und die sind nicht immer schön sondern hässlich unangenehm und sehr oft auch tödlich.

Deine Worte:

Zitat
Ich kann mich frei entscheiden, was ich machen will.

mögen zwar heut noch zutreffend sein aber wer weiß in ein paar Monaten… Jahren...??

Was ich damit sagen will ist:
Du weißt dass Du ein Prob am A…. hast denkst aber solange es mir nicht wesentlich beschissener geht, im Gegenteil im Moment scheint es Dir ja nach ein paar Benzos und nem „Gutem Schluck“ richtig klasse zu gehen, hab ich ja immer noch die Chance auszusteigen.

Auch ich, wie die meißten von „UNS“, hab mal so gedacht bis es halt zu spät war und der Spielraum meiner Entscheidungsgewalt so beeinträchtigt war das es nur noch eine Entscheidung gab „Aufhören“ sofort!!

Es sei denn, ich hätte wollen in die Kiste springen…ja der Schritt ist dann nicht mehr weit.

Du hattest mal einen Tread eröffnet:

Zitat
Langzeittherapie - oder gehts noch ambulant?


Es gab auch ganz schön Resonanz.. glaub ich?

Um so erstaunter war ich als Du mir im „Chat“ sagtest Du brauchtest keine Langzeittherapie und würdest es so auf die Reihe bekommen.

Meine Gedanken waren damals….Dir geht es noch nicht besch….genug..ehrlich das dachte ich.

Kurz ein paar Worte zu Therapieplätzen:
Wer die Entwicklung im Gesundheitswesen einigermaßen verfolgt dem muss als „Kranker“ eigentlich Angst und Bange werden.
Obwohl die Krankheit „Alkohollismus“ als solche anerkannt wird was glaubst du an welcher Stelle der Prioritätenliste sie in einigen Jahren rangieren wird.
Ja und was denkst Du wie teuer eine 16-wöchige Therapie ist???

So nun wage ich mal zu prophezeien, dass in einigen Jahren zwar die Wartezeit auf einen Therapieplatz erheblich verkürzt sein wird, aber die Entscheidung darüber Dir Hilfe zu holen wirst nicht Du als kranker Mensch treffen können sondern wie so oft in unserer Gesellschaft wird es davon abhängen was der Geldbeutel zulässt.

Ich glaube es war mein Therapeut der mir sagte dass Alkoholiker mit einer kaputten Leber schon gar nicht mehr in die Warteliste für eine Lebertransplantation aufgenommen werden….bzw. ganz unten rangieren.
(Dieser Satz ist jetzt nicht verbindlich zu sehen)

Da Du ja auch gern Tatsachenberichte liest…(siehe sakinis Krankenhausaufenthalt) hier ein ganz kleines Beispiel aus meinem unmittelbaren Umfeld zur Thematik:

Bin ich schon so weit dass ich aufhören will??..vieleicht will ich es gar nicht??

Die Tochter einer sehr guten Bekannten (ca.20 Jahre alt) hat schon seid einigen Jahren Probleme mit „Süchten“…erfahren habe ich es vor reichlich einem Jahr als sie zur Entgiftung ging damals noch wegen Alkoholabhängigkeit.
Na gut sie brach die Entgiftung ab wegen angeblicher Differenz mit den beh. Ärzten und dem eigenem Glauben “noch nicht so weit zu sein“!

Wir haben uns auch darüber unterhalten und musste zur Kenntnis nehmen….sie sei halt noch nicht so weit und wenn sie erst mal so beschissen drauf wäre wie ich es gewesen bin dann ja und sofort ne Entgiftung mit anschließender Langzeit!!...

Ich sagte ihr damals auch „Verpass bitte den Absprung nicht!“

Denn wie schon so oft geschrieben ist der „Übergang“ schleichend und vom Betroffenen nicht wahrnehmbar.

So nun halt Dich fest…der heutige Stand ist:
Hepatitis-C infiziert und auch heroinabhängig.
Sie wird regelmäßig in umliegende Krankenhäuser eingeliefert weil sich Ihre Einstiche auf den Händen entzünden.

Vor ca. 3 Wochen berichtete uns Ihre Mutter ganz stolz und erleichtert das das „Mädchen“ es nun endlich begriffen habe und was für sich tun wird nämlich eine Entgiftung anzutreten mit anschließender 10-monatiger Therapie.

Ich war natürlich nach den ganzen Querelen der letzten Wochen sehr skeptisch dem gegenüber.

So kurz vor Ostern erfuhr ich sie hat die Entgiftung (wegen Differenzen mit der Klinikleitung) abgebrochen.
So nun werde ich langsam nachdenklich und frage mich….wenn ist sie denn soweit??...oder wird sie es schaffen jemals soweit zu sein???

Soviel zum “SELBER WOLLEN“!!

Auch wenn ich Deine Frage nicht ganz beantwortet habe ...hm wer kann das überhaupt..?...vieleicht trotzdem mal ein Gedankenanstoß!

Ich wünsch Dir noch einen schönen Sonntag Waschbaer

Ciao Reiner


Ameise Offline




Beiträge: 1.110

27.04.2003 17:04
#4 RE: Süchtig - aber will ich überhaupt aufhören? Zitat · Antworten

Hi Waschbär,

ich hoffe, Du hast Deinem Verlangen noch nicht nachgegeben.
Wie wäre es mit einem Kompromiß?
Warte noch 24 Stunden mit dem Trinken.
Du kannst Dich auch morgen noch frei entscheiden. Es muß ja nicht jetzt sein.
Sonntage sind meistens langweilig - selbst wenn man etwas unternimmt.
Meine Tochter jammert auch, ihr wäre langweilig.
Eine Bekannte von mir - sie ist Erzieherin - sagte mir letztens: Kinder müssen es lernen, auch Langeweile aushalten zu können.
Und da wir hier ja auch alle große Kinder sind und immer noch dazulernen, gilt das für uns genauso.
Ehrlich gesagt - habe ich persönlich Sonntage schon als Kind gehaßt. Aber sie gehören nun einmal einfach mit in die Woche - da kann man nichts machen.
Das ist höhere Gewalt.
Sei froh, daß Du allein bist und keinen Besuch bei den Schwiegereltern abhalten mußt.
Denn da hätte so manch einer einen echten Grund, sich zu betrinken, um das auszuhalten - kleiner Scherz!

Ich bitte Dich: Gib Deinem Verlangen nicht nach - nicht heute!

Viele Grüße


minitiger Offline



Beiträge: 155

27.04.2003 22:11
#5 RE: Süchtig - aber will ich überhaupt aufhören? Zitat · Antworten

Hallo Waschbär,

ääähh...wenn es Dir so gut geht, was hast Du dann eigentlich für ein Problem? Wenn Dein Verhalten dazu führt, daß Du Dich wohlfühlst, dann kann das Verhalten ja eigentlich nicht falsch sein.

Hast Du da nicht vielleicht irgendwas vergessen? Irgendeinen Grund wirst Du ja wohl gehabt haben, warum meinstst, glauben zum müssen daß Du aufhören willst, bzw warum Du überhaupt solange im Forum mitmachst..

Als ich noch wirklich überzeugt war, daß ich ohne weiteres könnte, wenn ich wollte, hab ich mir nicht die Mühe gemacht das mit anderen Leuten zu diskutieren, da hab ich einfach getan was ich für richtig gehalten habe.

Irgendwann hatte ich eine Zeit, da mußte ich mir beweisen, daß ich nicht abhängig bin. Wenn ich diesen Beweis nicht hätte antreten können, dann hätte ich als Abhängiger aufhören müssen.....da ich aber nicht aufhören konnte, mußte ich mir beweisen daß ich nicht abhängig bin - Rumeiern und Karussellfahren eben..

Wenns Dir Spaß macht, dann mach weiter...für uns mußt du nicht aufhören.

der minitiger


rene2 Offline




Beiträge: 312

27.04.2003 22:32
#6 RE: Süchtig - aber will ich überhaupt aufhören? Zitat · Antworten

Hallo Waschbär

Ich bin neu hier,bin aber seit 6 Jahren trocken.
Ich habe 2 Entgiftungen und eine Langzeittherapie hinter mir.
Was mir sehr geholfen hat war, das ich mir am Anfang immer wieder gesagt habe,die nächsten 15 min will ich trocken bleiben.jede darauf folgende Woche hbe ich die Zeit verdoppelt.Heute bin ich bei einem Jahr,das ich trocken bleiben will.

Ich hoffe das dir das auch hilft.
Jeder Trockene Tag,ist ein gewonnener Tag

rene2


ameise Offline




Beiträge: 1.110

28.04.2003 10:35
#7 RE: Süchtig - aber will ich überhaupt aufhören? Zitat · Antworten

Hallo Waschbär,

wie geht es Dir heute?
Ich hoffe, Du bist stark geblieben.
Bevor ich am 10. Oktober letzten Jahres mit dem Trinken aufhörte, hatte ich bereits einen sechswöchigen Versuch hinter mir.
Während dieser sechs Wochen ging es mir auch sehr oft wie Dir zur Zeit.
Nach drei Wochen war ich davon überzeugt, nicht abhängig zu sein und die freie Wahl zu haben, ob ich trinke oder nicht.
Ich spielte regelrecht mit dieser Freiheit, wählen zu können.
Und während der weiteren drei Wochen bereitete ich mich schon unbewußt und systematisch auf den Rückfall vor - eben mit diesem falschen Grundgedanken.
Als es dann passierte - ich trank auf einem Geburtstag eine Flasche Bier, mehr nicht - meinte ich immer noch, alles cool im Griff zu haben.
Sechs Wochen waren ja nun wirklich eine hammerlange Zeit, meinte ich.
Zwei Tage nach dem Geburtstag trank ich abends schon wieder eine Flasche Wein.
Am folgenden Wochenende war ich bereits an meinem Tiefpunkt angelangt.
Mir ging es sauschlecht.
Mir ging es so schlecht, daß ich endgültig die Nase voll hatte.
Und der Drei-Tage-Entzug, der dann folgte, der war schon heftiger, als der davor.
Und er ist mir auch immer noch lebhaft in Erinnerung.
So richtig gut ging es mir wieder, als ich die Sechs-Wochen-Marke, die ich ja schon einmal geschafft hatte, anfing, hinter mir zu lassen.
Es wurden 12 Wochen - es wurden 18 Wochen, es wurden 24 Wochen - mittlerweile sind es fast sieben Monate.
Wenn ich mal so einen Moment habe, wo ich meine, ich vermisse einen Schluck dunkelroten schweren Rotwein (passiert manchmal, wenn ich ein Buch lese, in denen pausenlos Rotwein getrunken wird) - dann stelle ich mir in Gedanken vor, wie ich ihn trinke. Und wie ich das zweite, dritte, vierte, fünfte und sechste Glas trinke und dabei vor einem überquellenden Aschenbecher sitze. Und ich stelle mir vor, wie ich am nächsten Tag aufwache - im ersten Moment nicht wissend, wo ich liege, mit ausgetrocknetem Mund, belegter Zunge, Schwindel bis zur Übelkeit, Herzrasen und zitternder Seele.
Meistens reicht das schon aus - um urplötzlich einen Riesen-Durst auf eine Kanne Tee zu bekommen.
Dann mache ich mir irgendwas leckeres zu Essen - koche mir einen Tee - und wenn ich satt bin, kehrt meistens die Zufriedenheit zurück. Ein voller Bauch verlangt nicht nach Alkohol. Und dann können die Leute in meinem Buch trinken, soviel sie wollen.
In den Krimis von Mankell und Nesser gibt es erfreulicherweise nur Kaffeetrinker. Und spannend sind sie auch noch.

Ich hoffe, daß Du nur eine kurzzeitig depressive Verstimmung hattest und heute schon alles ein wenig freundlicher aussieht.
Und auch heute hast Du 24 Stunden Zeit, es Dir nocheinmal zu überlegen.
Übereile nichts. Du hast sehr viel zu verlieren. Deine Trockenheit - Deine Freiheit.

Liebe Grüße


Ameise Offline




Beiträge: 1.110

30.04.2003 16:31
#8 RE: Süchtig - aber will ich überhaupt aufhören? Zitat · Antworten

Hi Waschbär,

in der Zwischenzeit hast Du ja zu anderen Themen wieder geschrieben.
Wie ist es Dir denn in der Zwischenzeit ergangen?
Finde ich irgendwie ein bißchen komisch, daß keine Reaktion von Dir gekommen ist.


Softeis Offline




Beiträge: 624

30.04.2003 20:07
#9 RE: Süchtig - aber will ich überhaupt aufhören? Zitat · Antworten

Hihoo Ameise,

wollte nur einen Satz von Dir zitieren:

"wie ich ihn trinke. Und wie ich das zweite, dritte, vierte, fünfte und sechste Glas trinke und dabei vor einem überquellenden Aschenbecher sitze. Und ich stelle mir vor, wie ich am nächsten Tag aufwache - im ersten Moment nicht wissend, wo ich liege, mit ausgetrocknetem Mund, belegter Zunge, Schwindel bis zur Übelkeit, Herzrasen und zitternder Seele."

Genauso denk ich dann auch und ich hoffe das es so bleibt.

cu


tommie Offline




Beiträge: 10.595

30.04.2003 21:20
#10 RE: Süchtig - aber will ich überhaupt aufhören? Zitat · Antworten

Süchtig - aber will ich überhaupt aufhören?
tommie - 1997 bis 2003
Etwas von mir - Für Waschbaer


Meine Sucht - Meine Vergangenheit - Mein Aufhören(wollen)

Vor 6 Jahren

Halbmüde schleppe ich mich ins Bett, immer eine Flasche oder Dose Bier griffbereit. Mein Alkohol-Tagespensum ist absolviert, nun kommt die lange Nacht, wie ein bedrohlicher Schatten legt sich das Dunkel über mich.
Kaum 4 Stunden später liege ich immer noch, halbwach, halbdösend und warte, warte auf das Ende der Unruhe.
MTV und VIVA im Hintergrund, vielleicht spielen die ein Schlaflied.
Schnell noch ein Bier geschluckt, mehr hinuntergewürgt als getrunken; ein Genuss ist es schon lange nicht mehr.
Viel zu früh muss ich aufstehen, ein, zwei morgentliche Bier vor der Arbeit - damit ich ruhiger werde. Das Würgen danach ist schon normal, ich muss nur achtgeben, dass vom wertvollen Alkohol nichts mit hoch kommt.
Kaum auf der Arbeit, schnell die Bierflaschen deponiert und gleich eine auf ex - wer weiss wann der nächste Schluck möglich ist.
Mittags - Pause - 6 Kölsch oder ein paar mehr, spielt eh keine Rolle; die anderen trinken ja auch ...
Die drei Stunden bis Feierabend - nur ein einziges Aufpassen, ja nicht auffallen und möglichst den Level hoch halten. Ist ja alles nicht so schlimm, wenn ich will, kann ich ja aufhören. Ganz sicher.
Feierabend, nun ab zur Clique in die Kneipe, den Deckel rund machen. Zwei Stunden Dauersaufen, 6 bis 8 Kölsch pro Stunde, das passt schon.
Essen ? Wozu ? Ein paar Suppen tuns ja auch.
Gerade noch den Absprung geschafft, die anderen trinken noch, ich fahre heim - zur Tagesschau bin ich da.
Der Sixpack steht schon parat.

Vor 5 Jahren

Scheisse.
So ein Blödmann. Was will der von mir ? Wieso bin ich dem Rechenschaft schuldig ?
Ich mache meine Arbeit doch wie immer, anständig, zuverlässig, gut. Wie konnte das passieren ? Wie bin ich nur aufgefallen ?
Termin beim Chef: ... haben sie ein Problem mit dem Trinken ... , ... wenn sie Hilfe brauchen ... , ... sie haben sich verändert ... , ... wie ich schon öfter gehört habe ...
Bla bla bla, links rein und rechts raus. Kaum aus dem Büro, ab in die Kneipe, erst einmal den Blödmann wegsaufen - dann überlegen. Schliesslich ist er der Dumme und nicht ich, ich weiss genau was ich zu tun habe.
Die Monate darauf trinke ich so, dass - wie ich glaube - es niemandem auffallen kann. Mit Familienpackungen an Menthol, Japanischem Heilpflanzenöl und Fishermans bewaffnet gehe ich ans Werk, jeder Flasche folgt ein Geruchstöter.
Ja nicht riechen, nie im Aufzug fahren, einen anderen Flur nehmen. Möglichst wenigen begegnen. Viel alleine arbeiten. Und alleine trinken.
In der Kneipe kann ich normal sein. Trinken - wie alle. Reden, auch mit Fahne. Saufen - wie einige. Und wenigstens da bin ich mit der Beste. Im Saufen.

Vor 4 Jahren

Es ist niederschmetternd. Ich kann es einfach nicht glauben, nicht fassen, nicht begreifen. Das kann und das darf nicht sein. Das ist doch unmöglich.
Ich kann nicht aufhören. Nicht alleine. Ich habe es versucht. Drei mal. Immer mit dem festen Willen keinen Alkohol mehr zu trinken. Jedenfalls so lange nicht, bis ich normal trinken kann. Wie alle anderen . Wieso kann ich das nicht ? Ich will aufhören - und kann das nicht ?
Fünf Tage habe ich es einmal ausgehalten. Nichts getrunken. Mich krankschreiben lassen. Der Arzt: ein Idiot. So wie ich.
Nach dem zweiten Tag ging es los.
Das Zittern war nicht so schlimm. Ich habe das Wasser einfach aus der Flasche getrunken, Liter für Liter, ich habe nichts verschütten können. Essen konnte ich nicht.
Dann kamen die Träume. Auch tagsüber.
Delir. Ich ging durch Wände - konnte fliegen - war unverwundbar - schwebte durchs All und in die Vergangenheit - kämpfte gegen irgendwelche Wesen. Die weissen Mäuse waren beim mir schwarz, es waren Legionen von ...ich weiss nicht was ...
Wahrheit, Traum, Wirklichkeit, Fantasie ? Woher soll ich wissen was stattfand und was nicht ? Mit wem ich wirklich sprach ? Wohin ich ging ?
Irgendwann, nach fünf Tagen, hatte ich einen wachen Punkt, ich wusste wo ich war, was ich tat und was ich wollte.
Und das war der Punkt: ich kapitulierte.
Ich schlich - irgendwie - in den Supermarkt, kaufte einen Kasten Bier, setzte mich daheim hin, alleine, fing an zu trinken und dann zu weinen.
Ich heulte wie ein kleines Kind. Wie ein Kind, dem man etwas wegnehmen wollte. Wie ein Schlosshund.
Lies den Tränen einfach ihren Lauf, Tränen, die so lange nicht mehr geflossen waren, die ich im Suff ertränkt hatte. Ich merkte, ich bin zu schwach. Jetzt zu schwach, um alleine weitergehen zu können, nein, zu wollen. Ich wollte so nicht weitermachen.
Ich habe mich selbst überredet Hilfe anzunehmen. Mein Motto damals: schlimmer kann es kaum werden.

Vor 1417 Tagen

Bis Zehn Uhr abends gesoffen.
Abschied gefeiert.
Dem Alk Ade gesagt.
Bis Elf Uhr morgens muss ich da sein.
Möglichst nüchtern.
Habe ein Taxi bestellt.
Schnell noch Zwei Flaschen auf ex.
Der Fahrer riecht bestimmt was.
Scheissegal. Der Stoff muss rein.
Spielt ja keine Rolle.
Also noch eine Flasche.

Ich denke wirklich, ich wäre einigermassen nüchtern.
Mit 1,72 Promille tanze ich an.
Nach 1 Stunde fängt der Entzug an.
Nach Zwei Wochen verlasse ich die Klinik.
Nüchtern.

Und entdecke eine ganz neue Welt - bis heute immer wieder.

Danke !

......................

Waschbaer, du stellst die Frage: will ich überhaupt aufhören.
Vielleicht solltest du dir die Frage besser so stellen: Lohnt es sich aufzuhören ?
Bringt dir das etwas ?
Wird dein Leben lebenswerter ?

Ich habe erfahren: ja, es lohnt sich - ja, es bringt mir etwas - ja, das Leben ist wieder lebenswerter.

Ich wünsche dir, dass du die für dich richtige Entscheidung triffst.

tommie


duennerwolf Offline




Beiträge: 445

01.05.2003 01:16
#11 RE: Süchtig - aber will ich überhaupt aufhören? Zitat · Antworten

Hi Waschbär,
wie du bin auch ich durch diese Seiten gestreift, habe viel über Alkohol gewusst und hatte sogar schon einmal 10 trockene Jahre in meinem Rucksack.
Dass ich mit dem Trinken aufhören musste war mir klar, nur wie aufhören ? Was kommt danach ? Aber eigentlich geht es mir doch garnicht so schlecht ! Morgen geht es mir bestimmt noch besser und alkoholabhängig bin ich doch eh nicht!
Aber irgendwie habe ich hier den letzten Schubs die Treppe hinauf bekommen und bin auf diesen Seiten nüchtern geworden.
Wofür ?
Na klar, für mich.
Nüchtern habe ich meine betäubten Sinne wiederentdeckt, sie wachgerüttelt und lerne wieder, sie zu gebrauchen und zu geniessen.
Auch etwas anderes habe ich wiedergefunden, muss es wohl irgendwo unterwegs im Suff verloren haben : Das Vertrauen in Andere, hierfür möchte ich allen Forumsteilnehmern an dieser Stelle nochmals herzlich danken.
Ich hoffe es war ein passender Grund für dich dabei.

Lass von dir hören
Wolfgang

Fast vergessen: Auch Waschbären können Motorrad fahren. Monatliche Fixkosten 4 Schachteln Zigaretten


Waschbaer Offline



Beiträge: 115

18.05.2003 11:37
#12 RE: Süchtig - aber will ich überhaupt aufhören? Zitat · Antworten

Hallo Leute!

Vielen Dank für all eure Antworten. Ich hatte gut zum Nachdenken.....überall war irgendetwas für mich dabei.

An dem damaligen Sonntag bin ich natürlich nicht stark geblieben - hatte aber auch keinen absoluten Absturz. Vielleicht eine, höchstens mal eineinhalb Flaschen Wein war seitdem mein tägliches Quantum. Meist fragte ich mich: "Warum trinkst Du das jetzt überhaupt?". Ich hatte gerade mal wieder jemanden kennengelernt, war dabei, mich zu verlieben, und merkte, wie es mir besser ging, wie ich aber anfing, nun statt Alkohol den neuen Partner zu brauchen, um mich wohlzufühlen.....ich einfach die Suchtsubstanz austauschte.. Tabletten hab ich auch weggelassen, mehr trinken wollte oder brauchte ich nicht.

Dann hab ich den endgültigen Termin für meine LZT bekommen....und war mir wie immer sehr unschlüssig. Ich hab daraufhin dort angerufen, gesagt, dass es mir momentan viel besser geht, ob ich den Termin aufschieben könne. Mir wurde gesagt, dass ich nur absagen könne, ein Aufschub wäre wohl nicht möglich, und sollte ich absagen, würde mir der Versicherungsträger evt. beim nächsten Ansuchen einen "Strick daraus drehen", meinen, nein, sie haben das letzte Mal unsere Leistungen nicht in Anspruch genommen, diesmal versagen wir sie ihnen.

Der Sozialarbeiter meinte, dass bei der LZT ja nicht nur das Thema Sucht, sondern vor allem die dahinter liegende Problematik betrachtet werden würde, und riet, mir doch selbst die Zeit zu geben, die Chance, mal mein Leben von aussen zu betrachten. So hatte ich es noch gar nicht gesehen, ich hatte mir immer vorgestellt, dass in der Klinik der "böse Feind Alkohol" das Hauptthema sei, den es künftig wegzulassen gelte.

Schließlich hab ich mich endlich durchgerungen, zur Therapie zu gehen....es endlich zu packen.....und nächste Woche geht es los. Natürlich habe ich tausend Ängste, fürchte mich, quasi "eingesperrt" zu sein, ein straffes therapeutisches Setting durchhalten zu müssen, mich anderen, fremden Menschen stellen zu müssen und letztendlich mir selbst....

Ich hab einen ganz schönen Weg vor mir, weiß nicht, was passieren wird, was hinterher wird, aber ich bin optimistisch, zu einem grossen Teil durch euch alle, die in diesem Forum gepostet haben, und danke ganz besonders Beachen, Reiner, Ameise, Minitiger, Rene2, Tommie und Dünnerwolf für die wohlwollenden Stellungnahmen in meinem thread!

Jetzt wird man wohl ne Zeit nix von mir hören.....ausser es gibt ein Internet-Cafe in der Nähe und man lässt mich überhaupt alleine raus! ;-)

Lieben Gruss an euch alle

Waschbaer


minitiger Offline



Beiträge: 155

18.05.2003 12:08
#13 RE: Süchtig - aber will ich überhaupt aufhören? Zitat · Antworten

Hallo Waschbär,

erst mal Glückwunsch, daß Du Dich durchgerungen hast.

Ich kann jetzt zwar bei einer Langzeittherapie nicht mitreden, ich bin nie über ein paar Einzelgespräche mit der Suchtberaterin und der Teilnahme an der Motivationsgruppe rausgekommen, aber ich hab trotzem ein paar Gedanken dazu, die ich Dir erzählen möchte.

Als ich damals in diese Motivationsgruppe gegangen bin, habe ich versucht, sämtliche vorgefaßten Meinungen draußen zu lassen. Ich wollte ja aufhören, und wußte daß ich das alleine nicht mehr schaffe - das heißt aber auch, ich war mir klar darüber, das ist jetzt meine freiwillige Entscheidung, niemand zwingt mich zu irgendwas, und es ist ganz alleine meine Sache ob ich mir da was für mein weiteres Leben mitnehmen will oder ob ich das bleibenlasse. Ich hab dann fast 'übermotiviert' die Hausaufgaben durchgearbeitet, wo man sich Gedanken über sein Trinkverhalten und seine Lebenszufriedenheit machen sollte, und das hat mir echt was gebracht. Ich bin mir selbst ans Eingemachte gegangen, ob ich wirklich wegen mir aufhören will, oder ob ich das nur aufgrund irgendwelcher Ansprüche mache, die ich auf mich selbst beziehe (da fallen mir Zitrins Gedankenspiele ein, will ich die Erwartungen der Umwelt erfüllen, oder will ich etwas für mich selbst tun?).

Langer Rede, kurzer Sinn: ich wollte/mußte mich entscheiden, ob ich eine längere Trinkpause einlegen oder ob ich trocken werden wollte.
Keiner hat mich gezwungen, alles was man mir angeboten hat, waren Gelegenheiten, dazuzulernen...natürlich auch mit einer gewissen Deutlichkeit, welcher Lehrer lehrt gerne wenn der 'Schüler' gar nicht lernen will? Man könnte so eine Therapie ja auch als eine Art Erwachsenenbildung betrachten...so wie man bisher gelebt hat, gehts halt nicht mehr, also macht man eine Weiterbildung oder orientiert sich anders, ganz wie im richtigen Leben...

Heute bin ich froh, daß ich das gemacht habe, und daß ich da mitgenommen habe was nur ging. Ich bin mehr der Mensch, der ich im Rausch sein wollte, als jemals zuvor. Ich glaube eine Langzeittthera sollte doch auch in dieser Richtung wirken können. Sieh es als Angebot, als Gelegenheit, zu lernen, wie Du mit Dir selbst besser klarkommst.

Und wenn es Dir gar nichts bringt, dann bist Du im schlimmsten Falle wieder da, wo Du jetzt aufhörst, und kannst immer noch da weitermachen....falls Du je keine andere Möglichkeit siehst.

Sozusagen: gönn Dir was...etwas, was Dir wirklich guttun kann. Man sollte sich doch gelegentlich selbst eine Chance geben, denke ich. Wer weiß, vielleicht liefert Dir die Therapie das, was Du Dir von Wein und Benzos erhoffst. Nimm mit was Du kannst.

der minitiger



Reiner Offline




Beiträge: 1.036

18.05.2003 12:21
#14 RE: Süchtig - aber will ich überhaupt aufhören? Zitat · Antworten

Waschbaer

Erstmal möchte ich Dich zu Deinem einzig richtigem Entschluss beglückwünschen.

Ich bin mir sicher Du packst es während Deine LZ richtig Licht ins Dunkel zu bringen.

Mir ist es jedenfalls ganz gut gelungen und ich wage nicht daran zu denken, was wohl wäre, hätte ich sie nicht gemacht.

Ja die Ängste hatten wir wohl alle mal?

Aber Du wirst sehen es wird nicht so schlimm wie angenommen.

...hm Tipps hätt ich ne ganze Menge gehabt ..ich hatte schon mal Teil 1 meiner LZ gepostet Guckst Du hier

Wichtig ist, glaube ich, immer daran zu denken für wen Du es machst Waschbaer.

Du machst es Nur für DICH, weder für die Therapeuten noch für uns hier.

Auch wenn Dir Zweifel kommen, frage dann in Dich selbst "Qui bono"

Ich wünsche Dir jedenfalls alles erdenklich Gute und vergiss uns nicht!

Ciao Reiner


AnneR Offline



Beiträge: 70

18.05.2003 13:26
#15 RE: Süchtig - aber will ich überhaupt aufhören? Zitat · Antworten

Hallo Waschbär!

Auch von mir alles Gute, es ist ein langer Weg bis man den Termin und die Chance wahrnimmt. Nutze Sie und vergiß nie das Du es nur für Dich tust.

Alles Liebe


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